Page 131 - Blaetterkatalog_02_2021
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   Mitten durch die umweltfreundlichste Müllverbrennungsanlage der Welt geht es mit dem gläsernen Aufzug schnurstracks nach
oben auf den CopenHill. Vorbei an Röhren, Metallstreben und Kesseln, in denen gut 400.000 Tonnen Müll pro Jahr in Energie
transformiert werden. Knapp 100 Meter ragt das beeindrucken- de Gebäude des dänischen Star-Architekten Bjarke Ingels auf
einer Insel im Öresund in die Höhe. Die gut 400 Meter lange Skipiste windet sich, mal mehr mal weniger steil, vom Dach des
Gebäudes einmal um dessen Ecke herum bis nach unten. Doch bevor man sich hier in die Abfahrt stürzt, heißt es zunächst Aussicht genießen, schließlich befindet man sich auf dem
CopenHill an Kopenhagens höchstem Aussichtspunkt und in exponierter Lage: im Rücken die Stadt und ihre spitzen Kirch-
türme und vor der Brust die Piste und das Meer.
Freilich muss man sich mit dieser und ihrem ungewohnten Untergrund – spezielle Kunststoffmatten zum Skifahren – erst
einmal vertraut machen. Das Fahrverhalten ist ein ganz anderes als auf Schnee und erfordert gerade im oberen, steileren Bereich
der Piste durchaus gutes skifahrerisches Können. Unzählige etwa zwei Zentimeter lange Plastikborsten, durch die auch einige
Grashalme wachsen, vermitteln ein Gefühl wie auf einer brett- harten, beinahe eisigen Skipiste und so kostet das Eingewöhnen
durchaus ein wenig Kraft. Unten angekommen geht es mit drei Liften entlang der Piste
wieder nach oben – der richtige Moment, das Gebäude und die Umgebung in Ruhe aus anderer
Perspektive zu bewundern.
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   Natürlich tut man seit der Eröffnung im Winter 2019 auch ansonsten alles, um das neue Skierlebnis in Dänemarks Hauptstadt so authentisch wie möglich
zu gestalten. Ein Sportgeschäft samt Skiverleih und Skischule, Aprés Ski- und Rooftop-Bar sowie ein Freestyle Park mit verschiedenen Hindernissen sorgen
fürechtesSki-undSnowboard-Flair.DochSkifahrenistbeileibenichtdieeinzige Freizeitbetätigung, der man hier nachgehen kann. Neben dem eher entspannten
Wanderweg, entlang der Piste, führt die mit 80 Metern längste Kletterwand der Welt atemberaubend an der Fassade hinauf.
Schon von außen und weithin sichtbar wirkt die gesamte Anlage faszinierend und futuristisch. Dank modernster Filtertechnik für die Abgase besteht keinerlei
Gefahr, auf dem Dach der Müllverbrennungsanlage Ski zu fahren – auch Ge- ruchsbelästigung oder ähnliches muss hier keiner fürchten. 150.000 Haus-
halte versorgt die Anlage mit Strom und Fernwärme – und erfüllt so die Maxime des visionären und von Shanghai bis New York aktiven Architekten Ingels:
Häuser mit möglichst vielen unterschiedlichen und sich ergänzenden Funktionen zu bauen, um unsere Städte lebenswerter zu machen.
So ist seine frühe Segelschule in Kopenhagen gleichzeitig Jugendzentrum und deshalb wächst im von ihm entworfenen und nur einem Steinwurf entfernten
   Restaurant Noma das Gemüse für Spitzenkoch René Redzepi auf dem Dach. Genau wie auf Kopenhagens neuem Bergmassiv, dessen Piste zahlreiche Bäume
und Sträucher aus dem skandinavischen Raum beheimatet und dessen Fassade und deren unzählige Blumenkästen zukünftig mit Pflanzen bewachsen sein
sollen. Einzig, um damit Kopenhagens Hang zur Moderne nachzukommen: Die Stadt hat das ehrgeizige Ziel, 2025 die erste CO2-neutrale Stadt der Welt zu
sein. So macht Skifahren auch im Sommer Spaß.
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