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 Finest-onTour | Gourmet
     Nicht weit vom Gardasee taucht man ein in eine Welt himmlischer Ruhe, in Landschaften zum Träumen und Gau­ menfreuden. Die hiesigen Schaum­ weine überzeugen Kenner weltweit.
Seit Künstler Christo 2016 seine „Floa­ ting Piers“, einen drei Kilometer langen Steg, über den Iseosee gespannt und Ströme kulturbeflissener Touristen an­ gezogen hat, ist Franciacorta vielleicht nicht mehr der absolute Geheimtipp. Doch kaum war der Steg weg, hatten die Einheimischen die Region fast wie­ der für sich. Dabei ist Franciacorta al­ lein schon wegen seiner Weine einen Besuch wert. Die Entdeckungsreise zu dieser Preziose führt in die Lombardei, in die Gegend zwischen Brescia und dem Lago d’Iseo. Vorbei an der Süd­ spitze des Gardasees in Richtung Mailand. Drei Ausfahrten führen nach Franciacorta: Palazzolo sull’Oglio, Rovato oder Ospitaletto. Unvermittelt taucht man in eine Welt voller Ent­ spanntheit ein, durchfährt Hügelland, Weinberge und unverbaute Örtchen, die im Laufe der Jahrhunderte maßvoll gewachsen sind. Vorbei an Piazettas mit holprigen Pflastersteinen, an einem Meer von Rebstöcken, mittelalterlichen Burgen und Abteien, zinnengekrönten Türmen und Patriziervillen inmitten von Parkanlagen. Und: ... Keine Spur von Touristenbussen.
Franciacorta erscheint wie eine Schön­ heit vom Land mit dieser unwidersteh­ lichen Mischung: ein bisschen rau, natürlich schön und ziemlich rassig. Der Lago d’Iseo, eingebettet in bewal­ dete Berge, blickt wie ein klares Riesen­ Auge auf das geschäftige Treiben
ringsum in den Fischerorten. Schon im Mittelalter war der Lacus Sebinus zu­ nächst eher verschlafen und später heiß begehrt: Mehr und mehr Römer siedelten sich hier an, Jahrhunderte später stritten sich die Provinzen Bergamo und Brescia um die See­ schönheit. Heute verläuft die Grenze mitten durch den See: Zu Brescia ge­ hört das Ostufer mit seinen pittoresken Fischerdörfern; das wilde felsige West­ ufer wurde Bergamo zugeschlagen.
Franciacortas Winzer haben sich zu einem Konsortium zusammenge­ schlossen, das Rebsaft für höchste Ansprüche veredelt. Den hellen Perl­ wein aus der „Champagne Italiens“ schätzen sogar eingefleischte Rotwein­ Liebhaber. Er ist die perfekte Einstim­ mung auf das raffinierte, kräftige Essen der Region und begleitet außerdem trefflich Risotti, Suppen, Fischgerichte sowie das Dolce. Was hier die Weinkeller verlässt, wird oftmals mit Medaillen ausgezeichnet. Den schnöden Aus­ druck „Sekt“ wollen die Winzer in Ver­ bindung mit ihrem feinen „Franciacorta DOCG“ nicht hören, der vorwiegend aus Chardonnay­Trauben, Pinot Bianco und Pinot Nero komponiert wird. Der von der EU verliehene Titel „Francia­ corta DOCG“ steht für die Methode der langsamen Gärung in der Flasche. In ganz Europa genießen nur noch der Cava und Champagner dieses Privileg. Für den Franciacorta bedeutet dies: Der Wein lagert 18 Monate lang auf Hefe, zwischen Weinlese und Genuss des Weines liegen mindestens 25 Monate. Diese Herstellungsweise verlangt nach einwandfreien Reben und wirkt sich höchst erfreulich auf
das Aroma aus. Die unterschiedlichen Geschmacksvarianten des Franciacorta wie der cremige Satèn Brut, der Mille­ simato oder Dessertbegleiter Demisec haben die feine Perlage gemeinsam, eine strohgelbe Farbe mit zartem Grünschimmer sowie das feinwürzige, fruchtige Aroma, begleitet von einer dezenten Brioche­Note.
Kein Wunder, dass die Ruhe liebende High­Society Norditaliens hier gerne entspannt. Wer kein Ferienhaus sein Eigen nennt, steigt zum Beispiel im idyllisch verwinkelten Luxushotel L'Albereta Relais & Chateaux in Erbusco ab. Und kostet die Franciacorta­Ge­ wächse im angeschlossenen Gourmet­ restaurant Benessere oder auswärts zum Beispiel im Michelin­geführten Restaurant „Due Colombe“ in Borgonato.
Hier wird auch Rotwein aus der Ge­ gend ausgeschenkt. Herausragend ist der vollmundige „Terre di Franciacorta DOC rosso“ oder der „IGT Sebino“ („In­ dicazione Geografica Tipica Sebino“) aus Cabernet Franc und Sauvignon, Merlot, Pinot Nero, Pinot Grigio und Riesiling. Ersterer ist die perfekte Be­ gleitung zu Manzo all`Olio, einer regio­ nalen Spezialität, für die zartes Ochsen­ fleisch stundenlang in Olivenöl mit Zwiebeln, Karotten, Sellerie und An­ chovis geschmort wird, bis es auf der Zunge zergeht.
Und wem der Platz im Kofferraum nicht ausreicht, um den heimischen Wein­ keller aufzufüllen und so den Sinnes­ genuss über die Reise hinaus zu verlängern, der lässt ihn sich eben nachschicken.
   PCLife 01 | 2023 143
























































































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