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                Als Reisejournalist/in wird man oft nach Geheimtipps für den nächsten Urlaub gefragt, wie zum Beispiel nach einem wenig überlaufenen, landschaftlich reizvollen Ort. Feines Essen soll es geben und natürlich auch gut mit dem Porsche erreichbar sein.
I TEXT: JESSICA BACHMANN, DERK HOBERG BILDER: WORLD‘S 50 BEST RESTAURANTS, HIŠA FRANKO, JESSICA BACHMANN
m slowenischen Soča Tal werden Fühlen Sie sich mit Ihrer Küche und den genau diese Wünsche wahr. Spek- internationalen Auszeichnungen heute takulär kurvige Passstraßen führen nicht doch wie eine Diplomatin, wie eine vorbei an „50 Shades of Green“: Botschafterin Ihres Landes?
dern, die sich im Tal zu einsamen Bade- teichen ergießen. Mitten im Grün befindet sich das Restaurant Hiša Franko von Ana Roš. Jene Ana Roš ist eine der besten und bekanntesten Köchinnen der Welt, setzt
in der Küche auf Regionalität. Als Quer- einsteigerin investierte sie viel Leiden- schaft, um es an die Spitze der weltweiten Küchenelite zu schaffen. Bei unserem Besuch in ihrer Heimat Kobarid haben wir mit Ana Roš gesprochen, die im Rahmen der „World´s 50 Best Restaurants“ zur Weltköchin 2017 gekürt wurde.
Ana, erzählen Sie uns doch ein wenig über Ihre Heimat Slowenien. Auf den ersten Blick ist alles im grünen Bereich hier ... Ana Roš: Das stimmt, unsere Natur ist einzigartig, aber wir denken auch sehr grün. Niemand würde auf die Idee kom- men, Müll achtlos auf den Boden zu werfen. Das ganze Land beteiligt sich an Aufräumaktionen in Wald und Flur. Laut einer Studie gehört Slowenien zu den sau- bersten Ländern der Welt. Diese Verbin- dung zur Natur spiegelt sich auch in mei- ner Küche wieder. Deshalb servieren wir unser Gericht „In Heu gekochte Kartoffel mit Eigelb und Lamm“ auf einem Heubett und nehmen das Thema „grün“ gerne in der Küche auf.
Das Kochen haben Sie sich dann selbst beigebracht, Sie sind Autodidaktin. Wel- che Vorteile sehen Sie darin gegenüber Kollegen mit Kochausbildung?
empfinde das auch so, da meine Arbeit sehr viel mit meiner Region zu tun hat. Wann im- mer und egal wo ich über meine Arbeit spre- che, erzähle ich zuerst über meine Heimat. Der Ansatz in meiner Küche ist ja der der kurzen Wege unter Verwendung der besten regionalen Produkte. Das aber nicht aus ei- ner aktuellen Mode heraus, sondern weil es viele exotische Produkte in Slowenien lange Zeit gar nicht gab. Schon gar nicht bei uns im Soča Tal. Vor gut 15 Jahren, als ich mit dem Kochen anfing, mussten wir mit dem auskommen, was die Bauern der Umgebung uns zu bieten hatten. Das ist größtenteils bis heute noch so und da wissen wir auch, dass wir uns auf die Qualität verlassen können.
FINEST onTOUR I GOURMET
   Saftig grüne Weinberge, türkise Tatsächlich bin ich kürzlich von der slo- Wildbäche, grasgrüne Almgipfel und wenischen Regierung zur offiziellen Tou- spritzige Wasserfälle in tiefgrünen Urwäl- rismus-Botschafterin ernannt worden. Ich
  Sie haben mehrere Talente in die Wiege gelegt bekommen, waren Mitglied der Ski-Nationalmannschaft Jugoslawiens, standen vor einer Karriere als Diploma- tin. Warum wurde es dann doch die Küchenlaufbahn?
TaBar – ein hippes Restaurant mit jungem Publikum in der Hauptstadt Ljubljana. Pittoresk am Fluss gelegen, bietet es eine herausragende Wein-Auswahl, serviert überwiegend Orange und Natural Wine. Der aktuelle Weintrend wird hier regelrecht zelebriert, manch rarer Tropfen zu Tapas mit slowenischem Charakter serviert.
Die Sportkarriere machte eine Verletzung zunichte und gerade als ich mein Diploma- tie-Studium beendet hatte, verliebte ich mich in meinen Mann Valter. Seine Eltern betrie- ben schon das Hiša Franko. Also blieb ich hier in der Heimat, ging nicht wie geplant nach Brüssel zur EU.
Im Grič, unweit von Ljubljana in Horjul ge- legen, wird gekocht, was gerade im eigenen Garten wächst. Mit Luka Košir steht hier ei- ner der talentiertesten Jungköche Sloweniens am Herd. Košir gibt Bio-Produkten aus dem eigenen Garten Auslauf in die Fusionsküche, garniert sie mit wenigen exotischen Aus- nahmen. Das führt unter anderem zu feinen Erbsentörtchen mit einer Haube aus gereiftem Käse – Spitzenküche slowenischer Natur. n
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Das gibt mir Freiheit beim Kochen und beim Denken. Die Freiheit, mich auszu- drücken. Wer eine klassische Ausbildung gemacht hat, denkt in fertigen Schubladen, hat die V orstellungen seines Ausbilders verinnerlicht, liefert womöglich nur noch Ideen von der Stange. Meine Gerichte kom- men aus meinem Kopf, mehr sogar noch aus meinem Herzen und natürlich aus der Region hier.
Ebenso regional, lecker und herzlich
wie bei Ana Roš geht es auch bei den Machern des TaBar und im Grič zu. Auch diese Restaurants haben sich mit ihrer jungen, mutigen Küche bereits über die slowenischen Landesgrenzen hinaus einen Namen gemacht:
Kein Wunder in einem Land, das seinen Wein schon in der Nationalhymne huldigt.















































































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